hintergrund

Die Lebensbedingungen für den Eichenprozessionsspinner (Thaumetopoea processionea) haben sich durch die immer milderen Temperaturen in den letzten Jahren für die wärmeliebende Schmetterlingsart stark optimiert. Vor allem in den Trockenjahren 2018, 2019 und 2020 hat der Eichenprozessionsspinner quasi Optimalbedingungen zur Massenverbreitung vorgefunden.

Aufgrund der veränderten Witterungsbedingungen breitet sich der auf Eichen spezialisierte Prozessionsspinner deutschlandweit massiv aus. Nicht nur zum Leidwesen der Bäume, sondern auch als ernstzunehmende Gefahr für Mensch und Tier.

Biologie

Der etwa 30mm große, graue Nachtfalter schwärmt von Ende Juli bis ca. Anfang September und befällt dabei alle Eichenarten. Die weiblichen Falter legen im August ca. 150 Eier pro Falter im Kronenbereich ab, wobei die Eigelege mit dem bloßen Auge kaum zu erkennen sind. Die Jungraupe entwickelt sich im Ei bereits im Herbst und überwintert dort bis zum Frühjahr.

Mit Beginn der Vegetationszeit ca. Ende April/Anfang Mai schlüpfen die Junglarven und durchlaufen insgesamt 5-6 Larvenstadien. Ab dem 3. Larvenstadium werden die mit Nesselgift versetzten Brennhaare ausgebildet und werden von hier an zur Gefahr für Mensch und Tier.

In geselligen Familienverbänden prozessieren die Larven in den Nachtstunden aus, um die Eichenblätter zu fressen - teilweise bis zum vollständigen Kahlfraß der Eiche. Ab dem 5. Larvenstadium werden Gespinstnester (häufig in Astgabelungen) angelegt, die für die Nahrungsaufnahme in langen Prozessionen verlassen werden.

Die Verpuppung der Raupen findet im Nestinneren statt und dauert ca. 3-6 Wochen. Auch nach dem Schlupf der Falter bleiben die Gespinstnester mit Häutungsresten und Raupenkot erhalten. Die Kontaktgefahr durch die gefährlichen Brennhaare ist also keineswegs durch die Verpuppung gebannt. Niederschläge beschweren die leeren Nester und durch starken Wind fallen diese häufig zu Boden und sind dann z.B. für Kinder und Tiere eine große Gefahr.

bekämpfung

Nematoden (Steinernema feltiae)

Nematoden sind ca. 0,3-0,5 mm große Fadenwürmer, die bereits seit über 15 Jahren im biologischen Pflanzenschutz zum Einsatz kommen und eine umweltfreundliche Alternative bei der Bekämpfung von Schädlingen darstellen. Die Nematoden-Anwendung fällt nicht unter das Pflanzenschutzmittelgesetz und ist für Mensch und Tier absolut unbedenklich. Behandelte Baumbestände müssen nicht abgesperrt werden. Nematoden können deshalb auch in der unmittelbaren Nähe von Gewässern und Wohngebieten ausgebracht werden.

Für die Ausbringung werden die speziell für den EPS entwickelten Nematoden mit Wasser und einem feuchtigkeitsspendenden Gel angemischt, das auch in Nahrungsmitteln verwendet wird. Das Gel schützt die empfindlichen Nematoden vor Austrocknung, um in den Wirt (EPS-Raupe) einzudringen und die Raupe zum Absterben zu bringen.

Die mit Nematoden angereicherte Spritzbrühe wird mittels Sprühkanone ausgebracht. Die Nematoden können eingesetzt werden, sobald die Raupen geschlüpft sind, bis maximal zum dritten Larvenstadium (meist gegen Ende Mai). Um hohe Wirkungsgrade zu erzielen, sollte die Behandlung mit einem Abstand von max. 14 Tagen wiederholt werden.

Aufgrund der UV-Empfindlichkeit und der Gefahr der Austrocknung, werden die Nematoden nach Sonnenuntergang ausgebracht. Für ein bestmögliches Ergebnis müssen die Raupen im Baum aktiv sein und möglichst voll getroffen werden.

Bacillus Thuringiensis

Das Bacillus thuringiensis ist ein im Boden lebendes Bakterium, das von den EPS-Raupen über die Blattnahrung aufgenommen wird. Im Darm der Raupe bildet das Bakterium Sporen, was zum Fraßstopp und damit einhergehend nach ca. 10 Tagen zum Absterben der Raupe führt. Andere Organismen, außer EPS-Raupen, sind nicht oder nur marginal betroffen.

Das biologische Pflanzenschutzmittel wird ebenfalls mit Wasser angemischt und mithilfe der Sprühkanone auf die Blattmasse der Eichen ausgebracht. Bei dieser Methode ist ein Spritzvorgang ausreichend, der tageszeit- und temperaturunabhängig durchgeführt werden kann. Der Einsatz von Bacillus Thuringiensis sollte ebenfalls bis maximal zum dritten Larvenstadium abgeschlossen sein, bevor die Brennhaare der Raupen ausgebildet werden.

Mechanische Entfernung

Ist der Zeitraum zur prophylaktischen Bekämpfung verstrichen, bleibt eine mechanische Entfernung der Gespinstnester durch Absaugen mit speziellen Luftfiltern die einzige Möglichkeit. Da diese Arbeit äußerst aufwendig und arbeitsintensiv ist und nur vom Fachmann durchgeführt werden sollte, ist der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln immer vorzuziehen. Die mechanische Entfernung ist eine Notlösung, die eine Befallsituation zwar akut entschärfen, langfristig jedoch nicht ernstzunehmend bekämpfen kann.

F.A.Q. zur eps-bekämpfung

Ich habe EPS-Nester an meinem Baumbestand entdeckt. Muss ich auch im nächsten Jahr mit Befall rechnen?

Ja. Jedes entpuppte Falter-Weibchen legt im Schnitt weitere 150 Eier. Es ist davon auszugehen, dass sich der Befall ohne prophylaktische Maßnahmen also sogar merklich erhöht.

Sind nur Eichen vom EPS befallen?

In der Regel - ja. In sehr seltenen Fällen konnten EPS-Raupen bei akuter Nahrungsknappheit auch an anderen Bäumen zum Fressen festgestellt werden, die Falter fliegen zur Eiablage jedoch ausschließlich Eichen an.

Können die EPS bereits im Eigelege entfernt werden?

Nein. Die Eigelege sind mit blosem Auge kaum zu erkennen.

Welches Mittel eignet sich am besten zur prophylaktischen Bekämpfung von EPS?

Es ist von mehreren Faktoren abhängig, allen voran vom Standort der zu behandelnen Bäume, ob der Einsatz von Nematoden oder Bacillus Thuringiensis vorzuziehen ist. Gerne beraten wir Sie in dieser Frage über die Vor- und Nachteile entwickeln gemeinsam einen Maßnahmenplan.

Welche Gefahren gehen von den eingesetzten Mitteln aus?

Beide Mittel sind speziell für die Bekämpfung des Eichenprozessionsspinners entwickelt und haben so gut wie keinen Einfluss auf alle anderen Tierarten.

Nematoden sind für Mensch und (Haus-)tier absolut unbedenklich.

Das biologische Pflanzenschutzmittel Dipel ES (Bacillus thuringiensis) wird von der Pflanzenschutz- und Biozidverordnung als "reizend" eingestuft. Im täglichen, verantwortungsbewussten Umgang, konnten Anwender bislang keine Reaktionen feststellen. Selbstverständlich sind wir durch einen Pflanzenschutzschein und dem entsprechenden Sachkundenachweis zur Ausbringung befugt.

In welchem Zeitraum findet die prophylaktische EPS-Bekämpfung statt?

Die Bekämpfung beginnt mit dem Schlüpfzeitpunkt der EPS-Raupe, der meist mit dem Beginn der Vegetationszeit gegen Ende April/Anfang Mai einhergeht und die Temepraturen anhaltend um die 10 Grad liegen. Dieser Zeitpunkt ist stark witterungsabhängig und variiert somit von Jahr zu Jahr. Sobald die Raupen zu fressen beginnen und demnach die ersten Jungblätter ausgetrieben sind, beginnt die Bekämpfung.

Die Bekämpfung muss mit dem Ende des dritten Larvenstadiums (ca. Mitte/Ende Juni) abgeschlossen sein, da dann die gefährlichen Brennhaare ausgebildet werden.

Kann die Bekämpfung bei jedem Wetter durchgeführt werden?

Nein. Bei starkem Regen, Sturm und Schnee/Hagel kann keine Ausbringung erfolgen. Leichter Nieselregen hingegen ist jedoch unbedenklich. Sollte es direkt nach der Behandlung stark regnen, muss diese ggfs. wiederholt werden.

Warum erfolgt die Ausbringung von Nematoden Nachts und zweifach?

Da Nematoden UV-empfindlich sind, erfolgt die Ausbringung nach Sonnenuntergang. Die Nematode muss dann innerhalb kurzer Zeit einen Wirt (EPS-Raupe) finden, sonst wird sie unwirksam. In der Regel brechen die Raupen nachts zum Fressen in die Baumkrone auf, ein Teil bleibt zurück. Um den gesamten Bestand erfolgreich zu bekämpfen, wird die Behandlung zweimal durchgeführt.

Müssen die Bäume nach der Behandlung abgesperrt werden?

Beim Einsatz von Nematoden ist keine Absperrung vorgeschrieben und auch nicht notwendig.

Beim Einsatz von Bacillus Thuringiensis muss der behandelte Baumbestand nach Pflanzenschutzverordnung 8 Stunden nach der Behandlung abgesperrt werden. An behandelten Straßenabschnitten ist es ausreichend abzuwarten, bis das Mittel angetrocknet ist.

Habe ich nach einer Behandlung 100% Sicherheit, dass sich keine EPS-Nester bilden?

Leider, nein. Dank fachmännischer Anwendung und vor allem Kenntnis aller Einflussbedingungen liegen die Erfolgsquoten jedoch zwischen 70-95%. Durch die visuelle Nachkontrolle müssen ausgebildete Nester ggfs. mechanisch entfernt werden.

Meine Bäume wurden prophylaktisch erfolgreich bekämpft und im Folgejahr stelle ich wieder EPS-Nester fest. Wie kann das sein?

Um sicherzustellen, dass der EPS-Befall auch weiterhin ausbleibt, ist die jährliche prophylaktische Behandlung inkl. Sichtkontrolle unerlässlich. Aufgrund des Flugradius der Falter und ggfs. angrenzenden, unbehandelten Baumbeständen, kann es immer wieder zur Eiablage und entsprechendem Befall kommen.

Welche Möglichkeiten habe ich, wenn es für die prophylaktische Bekämpfung bereits zu spät ist?

Dann bleibt nur noch die mechanische Entfernung der Nester. Dies sollte unbedingt von einem Fachmann durchgeführt werden.

Werden die Nester mit dem Verlassen des Falters ungefährlich?

Nein! In den Nestern verbleiben der Raupenkot, sowie die Raupenhüllen inkl. Brennhaare. Das Nesselgift in den Brennhaaren ist auch über Jahre noch wirksam, was vor allem die verlassenen Nester gefährlich macht.

Kann ich die Nester nicht einfach selbst entfernen?

Davon ist dringend abzuraten. Zur professionellen mechanischen Entfernung bedarf es einer Ganzkörperschutzausrüstung sowie Saugern mit speziellem Luftfilter, sodass die gefährlichen Brennhaare nicht aufgewirbelt werden. Bereits der minimale Kontakt mit den Brennhaaren kann starke allergische Reaktionen, bis hin zu anaphylaktischen Schocks hervorrufen. Vor allem das Abspülen oder Abflammen der Nester birgt große Gesundheitsrisiken, da sich die Brennhaare durch den Aufpralldruck unkontrolliert weiterverteilen.